Symbolbild. (Bild: congerdesign/Pixabay)

Pro Life

Geplan­tes Ster­be­hil­fe­ge­setz in Frank­reich: Bischöfe war­nen vor Dammbruch

Am 2. April 2023 hatte sich der Bür­ger­rat in Frank­reich mit gros­ser Mehr­heit für die Lega­li­sie­rung der Ster­be­hilfe aus­ge­spro­chen. Rund 800 000 Pfle­ge­kräfte und 13 Pfle­ge­or­ga­ni­sa­tio­nen wider­setz­ten sich dar­auf dem Gesetz­ent­wurf, der den Tod auf Bestel­lung vor­sieht. Zum jetzt vor­ge­leg­ten über­ar­bei­te­ten Geset­zes­ent­wurf fin­den aktu­ell Anhö­run­gen statt.

Eine Delegation der französischen Bischöfe wurde am Mittwoch, den 24. April 2024, von der parlamentarischen Kommission zum Gesetzentwurf über die Begleitung von Kranken und am Lebensende («Loi relatif à l'accompagnement des malades et de la fin de vie») empfangen. Diese bestand aus Pierre d'Ornellas, Erzbischof von Rennes und Leiter der Arbeitsgruppe «Bioethik», sowie Vincent Jordy, Erzbischof von Tours, Vizepräsident der Französischen Bischofskonferenz und zuständig für Fragen zum Lebensende.

Die französischen Bischöfe zeigten sich prinzipiell offen für ein französisches Modell betreffend Lebensende; bei einem entsprechenden Gesetz sollen die Pflege und die Begleitung im Mittelpunkt stehen. Der vorgelegte Gesetzesentwurf gehe aber in eine andere Richtung: Dieser Entwurf breche «einen wesentlichen Damm», «ein grundlegendes Prinzip unserer Gesellschaft oder sogar unserer Zivilisation, nämlich das Verbot zu töten, das unter anderem im Zentrum des hippokratischen Eides steht». Im Interview mit «VaticanNews» wies Bischof Vincent Jordy auf die mittel- und langfristigen Risiken hin, die man in Belgien, Holland und Kanada beobachten kann: In Belgien durften zunächst nur Erwachsene Sterbehilfe in Anspruch nehmen, innerhalb von nur zehn Jahren steht sie jetzt sogar Kindern offen. Die Überprüfung der Kriterien ist manchmal sehr schwierig. So wird in Belgien etwa ein Drittel der Sterbehilfe trotz des bestehenden Protokolls heimlich geleistet. In Kanada stellte man fest: Je stärker die Sterbehilfe gefördert wird, desto schneller verschwindet die Palliativmedizin.

Bischof Vincent Jordy machte darauf aufmerksam, dass in Tat und Wahrheit durch dieses Gesetz die Freiheit in Gefahr ist, obwohl gerade dieses Gesetz als ein Gesetz der Freiheit verkauft wird. «Nach einer Weile stellt man fest, dass es keine wirkliche Freiheit mehr gibt. Ganz einfach, weil es keine Wahlmöglichkeiten mehr gibt. Wenn Sie nur noch die Euthanasie zur Auswahl haben, weil die palliativmedizinische Versorgung nach und nach mangelhaft geworden ist, haben Sie keine Wahl mehr.» Auch könnte durch die Banalisierung der Euthanasie diese «morbide Mentalität» die Menschen derart unter Druck setzen, dass sie das Gefühl haben, die einzige Lösung für sie sei die Zustimmung zur Euthanasie resp. zum assistierten Suizid.

Die Bischöfe zeigten sich überrascht über die vorgeschlagene Verwendung des Begriffs der «Geschwisterlichkeit». Für den Aufbau einer nachhaltigen und ausgewogenen Zukunft ist von entscheidender Bedeutung, sich der engen Verbindungen zwischen der Gesellschaft und dem Einzelnen bewusst zu werden, denn der Mensch ist ein Beziehungswesen. Die Freiheit des Einzelnen darf nicht mit Individualismus verwechselt werden, «denn das menschliche Leben findet seinen Sinn in der Beziehung zu anderen und kann nicht ohne eine notwendigerweise solidarische gegenseitige Abhängigkeit betrachtet werden». Die Bischöfe betonten, dass niemand der alleinige Eigentümer seines Lebens sei, seine Entscheidungen haben auch Auswirkungen auf andere. Die «Geschwisterlichkeit» existiere also, um Lebensbindungen zu knüpfen und nicht, um das Leben zu beenden. Sie forderten deshalb den Ausbau der Palliativmedizin.
Tatsächlich existieren in Frankreich vier Gesetze zur Palliativmedizin, die in den letzten 25 Jahren eingeführt, aber nie umgesetzt wurden. Der Nationale Ethikrat hatte vorgeschlagen, vor dem Erlass neuer Gesetze zunächst die Palliativmedizin als erste Möglichkeit zur Behandlung des Lebensendes sicherzustellen. «Dieser Rat wurde nicht befolgt. Wir sind dabei, ein neues Gesetz zu verabschieden, ohne dass die vorherigen Gesetze umgesetzt wurden», so Bischof Jordy im Interview. Die Bischöfe würden sich auch dafür einsetzen, dass das Gesetz eine Gewissensklausel enthalte, damit Pflegekräfte und Ärzte nicht gezwungen werden können, gegen ihr Gewissen zu handeln.

Die Bischöfe wiesen während der Anhörung auf die Tatsache hin, dass der Gesetzestext nicht klar aussagt, welche Möglichkeiten er eröffnet – nämlich Euthanasie und assistierten Suizid. Nur wenn die Dinge bei ihrem richtigen Namen genannt würden, sei eine informierte Debatte gewährleistet.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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