Schwestern unter Olivenbäumen. (Bild: Vytataus Markunas/Cathopic)

Neuevangelisierung

In der Kir­che und für die Kirche

Das geweihte Leben, über das wir in der Serie zum Nach­syn­oda­len Apos­to­li­schen Schrei­ben «Vita con­se­crata» nach­den­ken, war von Anfang in der Kir­che vor­han­den. Es wird als ein für die Kir­che unver­zicht­ba­res und kenn­zeich­nen­des Ele­ment nie feh­len kön­nen, «weil es Aus­druck ihres eigent­li­chen Wesens ist».

Im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben «Vita consecrata» steht der bemerkenswerte Satz: «Die theologische Reflexion über das Wesen des geweihten Lebens hat in diesen Jahren die aus der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils hervorgegangenen neuen Sichtweisen vertieft.»1 Mit anderen Worten: Im Nachdenken über das gottgeweihte Leben wurden die Ergebnisse des Zweiten Vatikanums besser verstanden. Diese Tatsache allein zeigt, wie wichtig das geweihte Leben für die Kirche ist.

Jesus selbst hat Menschen in seine unmittelbare Nachfolge berufen und sie dabei aufgefordert, alles zu verlassen und ihm zu folgen. Das Bekenntnis zu den evangelischen Räten Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit ist zutiefst mit dem Geheimnis Christi verbunden und deshalb unabdingbar für die Kirche: «[…] das Bekenntnis zu den evangelischen Räten [gehört] unerschütterlich zum Leben und zur Heiligkeit der Kirche. Das bedeutet, dass das von Anfang an vorhandene geweihte Leben in der Kirche als ein für sie unverzichtbares und kennzeichnendes Element nie wird fehlen können, weil es Ausdruck ihres eigentlichen Wesens ist.»2

Damit aber ein Leben nach den evangelischen Räten möglich wird, braucht es die entsprechende Gabe des Heiligen Geistes, denn nicht alle sind in diese spezifische Nachfolge berufen. Aus diesem Grund ruft die Kirche beim Ritus der Ablegung des Ordensgelübdes und bei der Jungfrauenweihe die Gabe des Heiligen Geistes auf die erwählten Personen herab und verbindet ihre Selbsthingabe mit dem Opfer Christi.

Verschieden Gaben, verschiedene Aufgaben
Der Geist, der eint, ist aber auch der Geist, der weht, wo er will und der viele verschiedene Gaben schenkt. Durch ihn haben wir in der Kirche eine grosse Vielfalt an Berufungen, Charismen und Ämter. Dabei kann gesagt werden, dass die Laien als besonderes Merkmal den Weltcharakter haben; sie sollen die Botschaft des Evangeliums in ihrem Alltag durch Leben und Sprechen konkret werden lassen.

Die geweihten Hirten und Priester besitzen den Charakter des Dienstes. Bischöfe haben die Aufgabe, «das Volk Gottes zu leiten durch die Lehre des Wortes, die Spendung der Sakramente und die Ausübung der heiligen Amtsgewalt im Dienste der kirchlichen Gemeinschaft, die eine organische, hierarchisch geordnete Gemeinschaft ist.»3

Der Charakter der Frauen und Männer des geweihten Lebens schlussendlich liegt in ihrer besonderen Gleichförmigkeit mit Jesus Christus: Die Personen des geweihten Lebens, die sich ganz der Kontemplation widmen, sind in besonderer Weise Abbild Christi, der auf dem Berg betet. Die geweihten Frauen und Männer in sogenannten aktiven Orden zeigen Jesus Christus, der das Reich Gottes verkündigt oder Kranke heilt oder die Kinder segnet.

Die Mitglieder von Säkularinstituten versehen gemäss «Vita consecrata» einen besonderen Dienst an der Ankunft des Reiches Gottes, indem sie ihre Weihe in der Welt und von der Welt ausgehend leben. Sie seien bestrebt, so alles wie ein Sauerteig mit dem Geist des Evangeliums zu durchdringen und zur Stärkung und zum Wachstum des Leibes Christi beizutragen.

Alle Berufungen drücken auf ihre je eigene Weise eine Seite des einzigartigen Geheimnisses Christi aus.

Im Dienst der Heiligung der Menschheit
Gemäss «Vita consecrata» muss dem geweihten Leben ein «objektiver Vorrang» zuerkannt werden, wenn es um die Heiligkeit der Kirche gehe, da es die Lebensweise Christi selbst widerspiegele. Im geweihten Leben findet sich eine «reichhaltigere Beschreibung» der evangelischen Räte und eine vollkommenere Verwirklichung des Ziels der Kirche: die Heiligung der Menschheit. «Das geweihte Leben kündigt die künftige Zeit an und nimmt sie gewissermassen vorweg, wenn jenes Himmelreich, das schon jetzt im Keim und im Geheimnis gegenwärtig ist, zur Vollendung gelangt ist, und die Kinder der Auferstehung nicht mehr heiraten, sondern sein werden wie die Engel Gottes (vgl. Mt 22, 30).»4

Durch die Präsenz des geweihten Lebens wird im Bewusstsein der Gläubigen das Bedürfnis aufrechterhalten, mit der Heiligkeit des eigenen Lebens zu antworten. So stellt sich das geweihte Leben in den Dienst der Heiligung des Lebens jedes Gläubigen, der Laien genauso wie der Kleriker.

Aber auch die Personen des geweihten Lebens erhalten ihrerseits vom Zeugnis der anderen Frauen und Männern des geweihten Lebens eine Hilfe, um ihre Berufung besser zu leben. «Auf Grund dieser wechselseitigen Bereicherung wird die Sendung des geweihten Lebens bedeutsamer und wirksamer: den anderen Brüdern und Schwestern mit festem Blick auf den zukünftigen Frieden als Ziel die endgültige Seligkeit bei Gott aufzuzeigen.»5

Bräutliche und mütterliche Dimension
Im Kapitel 34 von «Vita consecrata» geht Papst Johannes Paul II. dem Bild der Kirche als Braut nach, so wie wir es in der Offenbarung des Johannes hören: «Ich sah die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat» (Offb 21,2).

Die Kirche soll ganz für ihren Bräutigam, Jesus Christus, leben, von dem sie alles Gute empfängt. Diese Dimension des Bräutlichen ist dem ganzen geweihten Leben eigen. In erster Linie dadurch, dass sie mit ihrem Leben auf das kommende Reich Gottes verweisen und wie die Jungfrauen in der Bibel mit brennenden Öllampen auf den kommenden Bräutigam warten.

Das geweihte Leben sah vor allem in Maria das Vorbild der jungfräulichen Braut. Sie hat ihr Leben ganz in den Dienst Jesu gestellt, hat auf sein Wort gehört und ist ihm treu geblieben, bis unter das Kreuz. Auch nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt blieb sie dieser Sendung treu. Wenn Maria zusammen mit den Aposteln im Abendmahlssaal betend auf die Ankunft des Heiligen Geistes wartet, stellt sie ein lebendiges Bild der Kirche als Braut dar, die auf die Zeichen des Bräutigams achtet und bereit ist, sein Geschenk zu empfangen. Als Braut empfängt die Kirche aber nicht nur Geschenke von ihrem Bräutigam. Sie ist ihrerseits auch fruchtbar. Jesus hat Maria vom Kreuz aus uns allen zur Mutter gegeben.

«In dieser jungfräulichen Liebe hat eine besondere Fruchtbarkeit ihren Ursprung, die zum Entstehen und Wachstum des göttlichen Lebens in den Herzen beiträgt.» Die Frauen und Männer des geweihten Lebens sollen den Spuren Mariens, der neuen Eva, folgen. «Die Person des geweihten Lebens [bringt] ihre geistliche Fruchtbarkeit dadurch zum Ausdruck, dass sie aufnahmebereit wird für das Wort, um mit ihrer bedingungslosen Hingabe und ihrem lebendigen Zeugnis am Aufbau der neuen Menschheit mitzuwirken.»

Die Frauen und Männer des geweihten Lebens leben zwar zölibatär, sie sind aber gleichzeitig «bräutlich» mit Christus verbunden und zugleich auch «mütterlich», da sie als geistliche Mütter und Väter für die Gläubigen da sind, für sie beten und sie je nach Berufung auch im Alltagsleben begleiten.


Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Sendung «Das geweihte Leben» auf Radio Maria. Die Sendung in voller Länge kann unter diesem Link angehört werden.

Die Sendung «Das geweihte Leben» ist eine Ko-Produktion von Radio Maria und swiss-cath.ch. Sie wird monatlich auf Radio Maria ausgestrahlt. Zeitgleich wird jeweils auf swiss-cath.ch eine Zusammenfassung der Sendung publiziert.

 


1 Nachsynodales Apostolisches Schreiben «Vita consecrata» 29.
2 Ebd.
3 Ebd. 32.
4 Ebd. 32.
5 Ebd. 33.

 


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

E-Mail

Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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Bemerkungen :

  • user
    Robert Odermatt 19.04.2023 um 13:56
    Die Bedeutung des geweihten Lebens in Gott ist kaum zu überschätzen. Sie sind es, die mit ihrem Leben für Jesus einstehen. Sie sind die Leuchtfeuer in stürmischer See, die uns jederzeit orientieren. Wir sollten uns an diese Heiligen halten, um sicher im heiligen Hafen, dem Himmel, ankommen zu können.