(Bild: Ungry Young Man/flickr, CC BY 2.0 Deed)

Kirche Schweiz

Luzer­ner Syn­ode: «Die­ser Ent­scheid ist Macht­miss­brauch pur»

Bischof Felix Gmür muss das Unheil offen­sicht­lich geahnt haben. Um den Dro­hun­gen von staats­kir­chen­recht­li­cher Seite zuvor­zu­kom­men, ihm den Finanz­hahn zuzu­dre­hen, kün­digte er am 6. Novem­ber 2023 an: «Das Bis­tum Basel beauf­tragt ab Mitte 2023 eine unab­hän­gige Anwalts­kanz­lei mit kano­ni­schen (kir­chen­recht­li­chen) Vor­un­ter­su­chun­gen und der Prü­fung von Antrags­ge­su­chen auf Genug­tu­ung. Diese Ver­fah­ren wer­den somit neu extern durch­ge­führt, um eine noch grös­sere Unab­hän­gig­keit als bis­her zu gewährleisten.»

Des Bischofs Flucht nach vorn sollte sich als vergebliche Liebesmüh erweisen. Nur zwei Tage später, am 8. November 2023, machte die Luzerne Synode ihre Drohung war. Dem Bistum seien «per sofort» folgende fünf Forderungen zu übermitteln:

  • Schaffung einer unabhängigen Meldestelle;
  • Durchführung von unabhängigen Untersuchungen;
  • Verbot der Aktenvernichtung;
  • Öffnung der Akten der Nuntiatur;
  • Abschaffung der lebensfeindlichen und homophoben Sexualmoral.

Eine noch einzusetzende Sonderkommission solle regelmässig überprüfen, ob dieser Forderungskatalog umgesetzt werde. Falls diese Sonderkommission zu einem negativen Befund gelange, werde die im Herbst 2024 fällige Auszahlung der zweiten Tranche von insgesamt Fr. 884 000.– verweigert.

Geradezu grotesk ist die Forderung der Öffnung der Akten der Nuntiatur angesichts der Tatsache, dass der Bischof diesbezüglich schlicht über keine Kompetenzen verfügt.

Der Vertreter der Entlebucher Fraktion, Adrian Wicki, warnte vor diesem erpresserischen Manöver: «Das, was hier vorgeht, ist Machtmissbrauch, wir missbrauchen unsere eigene Macht.» Vergeblich: Mit 76 gegen 12 Stimmen hiess das Parlament der Landeskirche Luzern die finanzielle Knebelung des Bistums gut.

Vor dem Sitzungsbeginn hatte die Kirchgemeinde der Stadt Luzern rund 250 Claqueure zusammen getrommelt, um den ins Parlamentsgebäude eintretenden Synodalen nach allen Regeln der «pressure group»-Politstrategie einzuheizen. Immerhin: Das zwecks Erhitzung der versammelten Protestschar geplante «Mahnfeuer» musste auf Geheiss der Polizei abgesagt werden.

Der ehemalige «Katholische Vorort Luzern» hat in der ihm seit jeher eigenen Pionierpsychose einen fatalen Präzedenzfall geschaffen. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Beschluss um einen massiven Übergriff einer staatskirchlichen Behörde in kirchliche Belange, getreu dem ebenso bekannten wie unchristlichen Motto «Wer zahlt, befiehlt.» Mehr noch: Mit diesem Beschluss verstösst die Synode der Landeskirche Luzern gegen ihre eigene Verfassung. Dort heisst es in § 5 Abs. 2 unmissverständlich: «In innerkirchlichen Belangen anerkennen Landeskirche und Kirchgemeinden die Lehre und Rechtsordnung der römisch-katholischen Kirche.» Dass die Lehre der Kirche betreffend Sexualmoral zu den innerkirchlichen Angelegenheiten gehört, dürfte nicht einmal ein noch so eingefleischter Synödeler ernsthaft bestreiten.

Es ist Zeit, diesem immer übergriffiger werdenden, die Freiheit der Kirche strangulierenden dualistischen System ein schickliches Begräbnis zu bereiten. Die Gebrauchsanleitung dazu liefert ausgerechnet die Verfassung der Luzerner Landeskirche selbst. Sie enthält dazu einen eigenen Paragraphen. Titel: «Auflösung der Landeskirche» (§ 94).


Niklaus Herzog
swiss-cath.ch

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Lic. iur. et theol. Niklaus Herzog studierte Theologie und Jurisprudenz in Freiburg i. Ü., Münster und Rom.


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Bemerkungen :

  • Dominik Thali 10.11.2023 um 12:11
    Die Teilnehmenden der Kundgebung «250 zusammengetrommelte Claqueure» zu bezeichnen, zeugt ja auch nicht gerade von Feinfühligkeit geschweige denn Respekt vor den Beweggründen des Gegenübers - auch bzw. gerade dann, wenn man dessen Meinung nicht teilt. Die Synode, an der ich aus beruflichen Gründen den ganzen Tag teilgenommen habe, hat auf Augenhöhe diskutiert - nie gehässig. Das duale System funktioniert gerade im Kanton Luzern weiterhin ausgezeichnet. Wir ringen - positiv - um gemeinsame Lösungen.
    • user
      Daniel Ric 11.11.2023 um 12:03
      Sehr geehrter Herr Thali, ich bezweifle nicht, dass die Anwesenden um Lösungen bemüht waren. Von einem perfekten Funktionieren des Systems kann man aber nicht reden, wenn nicht klar ist, was die Aufgabe des Systems ist und welche demokratische Legitimation das System hat. Hier stehen zwei Fragen im Zentrum, die man beantworten müsste: Ist es die Aufgabe der Synode, inhaltliche Änderungen an der katholischen Lehre zu fordern? Vertritt die Synode wirklich eine Mehrheit der Katholiken im Kanton Luzern? Wie Sie sicherlich wissen, können vor allem Menschen mit einem Migrationshintergrund wenig anfangen mit dem Dualen System, da sie dieses aus ihren Herkunftsländern nicht kennen. Auch bei der alteingesessenen Bevölkerung ist das Wissen rund um das duale System sehr klein. Die Hauptaufgabe der Landeskirchen ist meines Erachtens, einen institutionellen Rahmen zu schaffen, damit die Kirche sich entfalten kann. Die Kirche inhaltlich zu verändern ist keine Aufgabe der Landeskirchen, sondern führt zu Konfliktsituationen, die das Fundament des dualen Systems zerstören.
  • user
    Gabriela Ulrich 10.11.2023 um 11:00
    Ich Unterstütze eine Abschaffung des Steuersystem voll und ganz. Von Anfang an hat dieses System der katholischen Kirche nur geschadet. Es gibt nach der Tradition andere Möglichkeiten die katholische Kirche zu unterstützen, wie Spenden, Naturalien. Was die kirchlichen Imobilen betreffen, müsste durch das Kulturamt zu einem sehr grossen Teil mitfinanzieren, um den Erhalt der Kirchen und Kapellen, Pfarrhäuser, Klöster zu gewährleisten. Kirchen, Kapellen, Pfarrhäuser und Klöster gehören zum Kulturgut der Schweiz. Die Schweizerische Eidgenossenschaft, sowie die Kantone sind verantwortlich, dass kirchliches Kulturgut geschützt wird.

    Ohne Priester gibt es keine Pfarrei! Ein Priester ist ein Hirte. Es kann aber nicht sein, dass Priester bald nur noch in Häusern und Schuppen die heilige Messe feiern können. Aus diesem Grund ist das Verbot und deren Einschränkungen in Kirchen, Kapellen, die den Priestern mit "Traditionis Custodes" auferlegt wurden in keiner Weise gerechtfertigt.
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      Daniel Ric 11.11.2023 um 12:12
      Sehr geehrte Frau Ulrich, im Bistum Basel gehört die Messe im ausserordentlichen Ritus nicht zu der Liturgie, die am meisten bedroht ist. Es ist die normale Liturgie, welche bedroht ist. Priester, welche die Eucharistie normal feiern wollen, ganz ohne Laienpredigt und irgendwelchen Klamauk, werden durch das Bistum bekämpft. Traditionis Custodes fordert die Bischöfe auf, Hüter der Liturgie zu sein, was von Bischof Felix nicht wahrgenommen wird. Überall ersetzen Wortgottesdienste die Heilige Messe und überall wird die Laienpredigt gefördert, auch wenn der Vatikan dies explizit untersagt. Ich habe volles Verständnis für die Anhänger des ausserordentlichen Ritus, dass sie ihre Messe feiern wollen, jedoch sollten sich alle lehramtstreuen Katholiken gemeinsam dafür einsetzen, die Eucharistie und eine würdige Liturgie zu fördern. Um dies zu ermöglichen, ist es wichtig, das Priestertum zu stärken und den Priestern die Möglichkeit zu geben, in den Pfarreien als Hirten zu wirken (wie Sie richtig schreiben).
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    Daniel Ric 10.11.2023 um 08:10
    Das System schafft sich selbst ab. Die lehramtstreuen Katholiken sollten jedoch nicht zuwarten, bis die staatskirchenrechtlichen Gremien von alleine zusammenbrechen, sondern aktiv daran mitwirken, das duale System abzuschaffen. Und ich schreibe dies als ehemaliger Befürworter des dualen Systems, der immer noch glaubt, dass der Grundansatz richtig ist. Leider wirken jedoch zu viele Menschen in diesen Strukturen, die nur ihren eigenen Vorteil suchen. Und noch schlimmer ist es, dass wir zurzeit wenige Bistumsverantwortliche haben, die den Mut haben, sich dieser Zerstörung der Kirche von innen entgegenzusetzen. Wenn nicht aktiv versucht wird, über politische und rechtliche Mittel, dieses Steuersystem abzuschaffen, werden die staatskirchenrechtlichen Instanzen alles versuchen, um an Geldmittel zu kommen, damit das System trotz dem massiven Rückgang von Steuerzahlern weiter funktioniert. Die Kirchgemeinden sind im Besitz von vielen Immobilien, die momentan im Verwaltungsvermögen sind. Man wird versuchen, neue Geldquellen durch Immobilienbewirtschaftung zu erschliessen. Damit kann der Tod des Systems um einige Jahre verzögert werden, was der wahren Kirche weiteren Schaden zufügen wird.
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    Marquard Imfeld 09.11.2023 um 18:00
    Ich freue mich auf den Tag, an welchem die ca 50 Jahre - jungen öffentlich-rechtlichen Landeskirchen abgeschafft werden. Es ist erwiesen, dass diese Institutionen die katholische Kirche im deutschsprachigen Raum zerstören. Es müssen auf Stufe Pfarreien lokale Organisationen entstehen, welche die notwendigen Arbeiten betr. Anstellungen, Liegenschaft, Finanzielles, etc. ausführen UND dem lokalen Pfarrer UNTERGEBEN sind.
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    Gabriela Ulrich 09.11.2023 um 16:31
    Die Verfassung der Luzerner Landeskirche hat § 94 Auflösung der Landeskirche. Diese Möglichkeit haben nicht alle Landeskirchen. Die Verfassung der Römisch-katholischen Kantonalkirche Schwyz vom 17.10.2014, stand am 1.1.2022 fehlt der Paragraph der Auflösung. Das ist ein böswilliger Mangel an dieser Verfassung. Die Verfassung kann man wie sie jetzt ist nicht auflösen. Ausserdem ist sie nicht auf den "allmächtigen Gott" ausgerichtet. Da bleibt nur der Austritt aus der römisch-katholischen Kirchgemeinde und Kantonalkirche Schwyz und gleichzeitig "katholisch bleiben". Die Sakramente empfangen und zum Kreuz stehen. Den langen Weg zu den heiligmässigen, guten Priestern auf sich zu nehmen, lohnt sich.
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    Don Michael Gurtner 09.11.2023 um 14:55
    Vielleicht hat es auch einen augenöffnenden Charakter für all diejenigen, die das duale System bisher immer als ein Vorzeigemodell sahen.

    Wenn man dieses System gutheißt, dann ist es nur konsequent und gerecht auch Maßnahmen wie diese, die sich ganz logisch von innen her daraus ergeben, mindestens vom Prinzip her gutzuheißen und zu akzeptieren wenn sie verhängt werden.

    Oder man ist gegen diese Gängelung und Erpressung, aber dann muß man auch sehen daß es in diesem Dualsystem selbst gelegen ist, und muß daher auch gegen selbiges sein.

    Ansonsten wäre es ein überaus unlogisches Denken, und würde eher den Verdacht eines ideologisch motivierten Denkens nahelegen, daß sich nun aber plötzlich gegen einen selbst richtet.
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    Stefan Fleischer 09.11.2023 um 14:26
    Wenn das der Stil jener neuen, anderen, synodalen Kirche ist, die man uns schmackhaft machen will, dann gute Nacht!
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    Martin Meier-Schnüriger 09.11.2023 um 12:40
    Wir erleben eine Neuauflage des Kulturkampfes der 1870-er Jahre, nur dass diesmal die Kirchenfeinde nicht von aussen, sondern von innen kommen. Vielleicht dämmert es unseren Bischöfen jetzt langsam, aber sicher, dass das erpresserische duale System abgeschafft gehört. Lieber eine arme, aber freie Kirche als eine satte, aber geknebelte!