Anna selbdritt. Altar der Heiligen Sippe in der Stadtkirche Langenzenn (D). (Bild: Wolfgang Sauber, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Neuevangelisierung

Maria: die kon­ge­niale Ant­wort auf Got­tes Wort

Am 8. Dezem­ber fei­ert die Katho­li­sche Kir­che das «Hoch­fest der ohne Erb­sünde emp­fan­ge­nen Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria». Neun Monate vor Mariä Geburt fei­ert die Kir­che die Emp­fäng­nis Marias durch ihre Mut­ter Anna.

Das Hochfest – umgangssprachlich oft Mariä Empfängnis genannt – beruht auf der Überzeugung der Kirche, dass Maria von Beginn an ohne (Erb-)Sünde gewesen ist.

Das Tagesevangelium (Lk 1,26–38) erzählt, wie der Engel Gabriel zu Maria kommt und ihr die Botschaft Gottes über die Geburt des Erlösers bringt. Er begrüsst sie mit den Worten: «Sei gegrüsst, du Begnadete, der Herr ist mit dir.» Die Kirche erkannte im Lauf der Jahrhunderte immer klarer, dass Maria schon vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an «begnadet» war: Da Gott sie als Mutter seines Sohnes auserwählt hatte, hat er sie als einzigen Mensch von der Erbsünde bewahrt, sodass sie «ohne Makel» blieb. Daraus leitet sich der Titel «Immaculata» (lat. die Unbefleckte) ab.

Die Idee von der Erwählung Mariens und dadurch von ihrer Empfängnis ohne Erbschuld geht mindestens ins vierte Jahrhundert zurück. Das zeigt das Gebet «Tota pulchra es Maria», dessen Verse auf das Festgeheimnis hin gedeutet werden können.
 

Tota pulchra es, Maria
et macula originalis
non est in te.
Vestimentum tuum candidum quasi nix,
et facies tua sicut sol.
Tota pulchra es, Maria,
et macula originalis
non est in te.
Tu gloria Hierusalem,
tu laetitia Israel,
tu honorificentia populi nostri.
Tota pulchra es, Maria.

Ganz schön bist du, Maria,
und ein Flecken der Erbschuld
ist nicht an dir.
Dein Gewand ist hell wie Schnee
und dein Antlitz wie die Sonne.
Ganz schön bist du, Maria,
und ein Flecken der Erbschuld
ist nicht an dir.
Du bist der Ruhm Jerusalems,
du die Freude Israels,
du die Ehre unseres Volkes.
Ganz schön bist du, Maria.
 

 

Die Verse werden als Antiphonen während der Zweiten Vesper des Hochfestes gebetet.

Im Osten gab es bereits im 8. Jahrhundert ein Fest, das der Empfängnis der heiligen Anna[1] und der Erwählung Marias im Mutterleib gedenkt. Über Italien gelangte es nach Frankreich und England. Anselm von Canterbury führte um 1100 das Fest offiziell für seine Diözese ein, 1476 approbierte Papst Sixtus IV., der zeit seines Lebens ein entschiedener Verfechter der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis war, das Fest. Am 4. September 1483 veröffentlichte er die päpstliche Bulle «Grave nimis». Die Bulle erklärte die Freiheit Mariens von der Erbsünde im Augenblick ihrer Empfängnis. Erst 1708 dehnte Clemens XI. das Fest auf die ganze Kirche aus.
Was nun schon seit Jahrhunderten vom gläubigen Volk gefeiert worden war, legte Papst Pius IX 1854 als Dogma fest: «dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Makel der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde».

Die Präfation des Hochfests bringt das Festgeheimnis schön zum Ausdruck:

«In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Vater im Himmel, zu danken und das Werk deiner Liebe zu rühmen. Denn du hast Maria vor der Erbschuld bewahrt, du hast sie mit der Fülle der Gnade beschenkt, da sie erwählt war, die Mutter deines Sohnes zu werden. In unversehrter Jungfräulichkeit hat sie Christus geboren, der als schuldloses Lamm die Sünde der Welt hinwegnimmt. Sie ist Urbild und Anfang der Kirche, der makellosen Braut deines Sohnes. Vor allen Heiligen ist sie ein Vorbild der Heiligkeit, ihre Fürsprache erfleht uns deine Gnade durch unseren Herrn Jesus Christus. Durch ihn preisen dich Himmel und Erde, Engel und Menschen und singen wie aus einem Munde das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig …»

Maria ist uns Vorbild und geht uns voraus. Der «Katechismus der Katholischen Kirche» erinnert an die vielen Frauen, die der Geburt Jesu vorausgingen:

«Während des ganzen Alten Bundes wurde die Berufung Marias durch die Sendung heiliger Frauen vorbereitet. Trotz ihres Ungehorsams wird Eva schon zu Beginn verheissen, sie werde einen Nachkommen erhalten, der den Bösen besiegen werde, und die Mutter aller Lebendigen sein. Kraft dieser Verheissung empfängt Sara trotz ihres hohen Alters einen Sohn. Wider alle menschliche Erwartung wählt Gott das, was als machtlos und schwach gilt, um zu zeigen dass er seiner Verheissung treu bleibt: Hanna, die Mutter Samuels, Debora, Rut, Judit und Ester sowie viele andere Frauen. Maria ‹ragt unter den Demütigen und Armen des Herrn hervor, die das Heil mit Vertrauen von ihm erhoffen und empfangen. Mit ihr als der erhabenen Tochter Sion ist schliesslich nach langer Erwartung der Verheissung die Zeit erfüllt und hat die neue Heilsökonomie begonnen› (LG 55)» (KKK 489).

Was Maria erleben durfte, dürfen alle Gläubigen für sich erwarten. Wir sind wie Maria dazu berufen, Jesus Christus zu verkünden, ihn durch unser Reden und Handeln «zur Welt zu bringen». Maria wurde vor ihrer Geburt von aller Schuld befreit; wir dürfen darauf vertrauen, dass wird durch das Erlösungswerk Christi von allen Sünden gereinigt sind und am Ende unseres irdischen Lebens beim ewigen Vater Heimat finden.
 

In der Schweiz gilt der 8. Dezember als Feiertag in den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Tessin, Uri, Wallis und Zug sowie in Gebieten der Kantone Aargau, Freiburg und Graubünden.

In Österreich wird der 8. Dezember seit dem 17. Jahrhundert gefeiert. 1646 verkündete Kaiser Ferdinand III. während des Dreissigjährigen Kriegs die «Weihe Österreichs an die unbefleckt Empfangene. Unter der Nazi-Herrschaft wurde der Feiertag abgeschafft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges starteten hunderttausende Österreicher eine Unterschriftenaktion zur Wiedereinführung des Feiertages. 1955 beschloss der Nationalrat, den 8. Dezember wieder als Feiertag einzuführen – als Dank für die wiederlangte Freiheit Österreichs.

 


[1] Gemäss apokrypher Überlieferung lauten die Namen der Eltern Mariens Anna und Joachim.


Rosmarie Schärer
swiss-cath.ch

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Rosmarie Schärer studierte Theologie und Latein in Freiburg i. Ü. Nach mehreren Jahren in der Pastoral absolvierte sie eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitete für die Schweizerische Kirchenzeitung SKZ.


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