In einer als «Werkstattgespräch» deklarierten, gross aufgezogenen Pressekonferenz informierten die Kirchenverantwortlichen am 27. Mai 2024 über den aktuellen Stand der Bekämpfung sexueller Missbräuche in der Katholischen Kirche. Der dabei präsentierte Massnahmenkatalog ist höchst umfangreich, ja überdimensioniert – man ist versucht, von einer Art Inquisition mit umgekehrten Vorzeichen zu sprechen. Big Points dieses Massnahmenkatalogs:
- Ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht, zuständig für alle Bistümer der Schweiz, soll geschaffen werden.
- Die am 12. September 2023 veröffentlichte Pilotstudie soll ausgeweitet und vertieft werden, 1,5 Millionen Franken werden für diese dreijährige Studie aufgeworfen.
- Die Bistümer haben sich in einer Selbstverpflichtung bereit erklärt, inskünftig auf die vom universalen Kirchenrecht verlangte Aktenvernichtung (vgl. can. 489 § 2) zu verzichten.
- Für das professionelle «Handling» von Personaldossiers bzw. die Entwicklung der dazu erforderlichen einheitlichen Standards wird ein externes, darauf spezialisiertes Unternehmen beauftragt.
- In Zusammenarbeit mit externen Experten wird ein Assessment-Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Eignung interessierter Personen für die Seelsorge überprüft werden soll.
- Opferberatung und Meldewesen werden organisatorisch und personell strikt getrennt. Um diese Trennung sicherstellen zu können, wird eigens eine nationale Informations- und Koordinationsstelle geschaffen.
Nichts gewusst?
Was an diesem mehr als zweistündigen Werkstattgespräch verschwiegen wurde: Zusätzlich zu all diesen Arbeitsgruppen, Ausschüssen, Gremien und Kontrollinstanzen wird eine neue, nationale Dienststelle geschaffen. Ihr Name: «Missbrauch im kirchlichen Kontext». Ihr Chef: Stefan Loppacher. Bingo!
Stefan Loppacher gehörte zu den vier Repräsentanten, die am Werkstattgespräch den vorstehend erwähnten Massnahmenkatalog erläuterten. Nur gerade zwei Tage später gab er offiziell seine Kündigung als Präventionsbeauftragter der Diözese Chur bekannt, um im gleichen Atemzug seinen fliegenden Wechsel zur neu geschaffenen Dienststelle anzukündigen.
Nun wird's grotesk: Als Grund für diese Kündigung aus heiterem Himmel werden in der Medienmitteilung des Bistums Chur und der «Katholischen Kirche im Kanton Zürich» Differenzen mit Bischof Bonnemain betreffend «Ausgestaltung der diözesanen Präventionsstelle» genannt. Grotesk deshalb, weil Loppacher als zukünftiger Chef der nationalen Dienststelle «Missbrauch im kirchlichen Kontext» auch weiterhin und zwar verstärkt mit eben diesem Bischof Bonnemain kutschieren muss, der in der Bischofskonferenz just für das Missbrauchs-Ressort zuständig ist.
Niemand soll behaupten, die am Werkstattgespräch zwei Tage zuvor anwesenden kirchlichen Repräsentanten hätten von dieser abrupten «Fahnenflucht» Loppachers weg vom Präventionsbeauftragten der Diözese Chur hin zur nationalen Dienststelle «Missbrauch im kirchlichen Kontext» nichts gewusst!
Kommentare und Antworten
Bemerkungen :
Könnte mir vorstellen, dass dieser Aspekt des Versöhnungssakraments in diesem Feld auch und gerade von zentraler Wichtigkeit ist.