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Kommentar

Prä­ven­ti­ons­be­auf­tragte des Bis­tums Chur übt sich im Leeramt

Karin Iten, Prä­ven­ti­ons­be­auf­tragte des Bis­tums Chur und Mit­ver­fas­se­rin des «Ver­hal­tens­ko­dex zum Umgang mit Macht» kri­ti­siert über das Medi­en­zen­trum kath​.ch Papst Fran­zis­kus. Die­ser hatte am 24. Okto­ber, wie Vati­can News berich­tete, bei einem Gespräch mit in Rom stu­die­ren­den Semi­na­ris­ten und Pries­tern vor Por­no­gra­fie im Inter­net gewarnt.

Bei seiner Begegnung beantwortete Papst Franziskus zehn Fragen zu ganz unterschiedlichen Themen. Unter anderem kam auch das Thema Pornografie zur Sprache. Diese sei ein Laster. Dabei, so gab ihn Vatican News wieder, «spreche er nicht nur von krimineller Pornografie, etwa Kindesmissbrauch; er meine die ‹einigermassen ,normale' Pornografie›».
Das provozierte offenbar Karin Iten als Präventionsbeauftragte des Bistums Chur, ihre geballte Fachkompetenz bei kath.ch zum Besten zu geben. Wörtlich ist dort nachzulesen: «Ich vermisse zudem in den Äusserungen von Papst Franziskus eine klare Differenzierung zwischen illegaler und legaler Pornografie. Die Produktion und der Konsum von Kinderpornografie sind ein Verbrechen, da Kinder missbraucht werden. Und auch die Produktion von Pornos, welche die Notlage von Menschen ausnutzen, ist nicht in Ordnung. Legale, fair entstandene Pornos sind eine ganz andere Kategorie.» Muss man daraus schliessen, dass die Präventionsbeauftragte kein Problem damit hat, wenn Priester legale, fair entstandene Pornos konsumieren? Dass Pornosucht ein Problem ist, dürfte unbestritten sein. Führen etwa «legale, fair entstandene Pornos» nicht zur Pornosucht, die anderen hingegen schon? Eine solche Auffassung wäre völlig naiv. Unabhängig davon nimmt der Katechismus der katholischen Kirche in Nr. 2354 wie folgt Stellung: «Pornografie versetzt alle Beteiligten in eine Scheinwelt. Sie ist eine schwere Verfehlung.» Das gilt generell für alle Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn Papst Franziskus Seminaristen und junge Priester vor der Pornografie warnt, entspricht dies dem Lehramt, der überlieferten Sexualmoral der Kirche. Die Katholische Kirche hat durchaus ausgewiesene Fachleute wie die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Christa Meves und den Neurowissenschaftler und Psychotherapeuten Raphael M. Bonelli, die eine ganz andere Position vertreten als Karin Iten, fachlich begründet und im Einklang mit der Sexualmoral der Katholischen Kirche. Zudem sei auf den Verein Schutzinitiative verwiesen, der ausgewiesene Fachleute zu Wort kommen lässt. Diese warnen vor den Folgen der von Karin Iten vertretenen Sexualpädagogik, die sexuelles Experimentieren, bei Kindern und Jugendlichen geradezu propagiert.

Dass Pornosucht ein Problem ist, dürfte unbestritten sein. Führen etwa «legale, fair entstandene Pornos» nicht zur Pornosucht, die anderen hingegen schon?

Eine fatale Fehlbesetzung

Karin Iten wurde im Januar 2020 Präventionsbeauftragte im Bistum Chur, angestellt durch den Synodalrat der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Wörtlich heisst es im damaligen Communiqué: «Die Präventionsbeauftragten tragen zur Umsetzung des Schutzkonzeptes für die seelische, geistige und körperliche Unversehrtheit der Menschen im Bistum Chur bei.» In dieser Zeit hat sie zusammen mit Stefan Loppacher den umstrittenen Verhaltenskodex ausgearbeitet. Dieses mit LGBTQ-Ideologie durchtränkte Papier lag schon im September 2021 eingeweihten Personen vor. Beim Copyright-Hinweis steht 2021. Bischof Joseph Bonnemain hat Karin Iten am 2. August 2021 offiziell zur Präventionsbeauftragten für sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld im Bistum Chur ernannt. Mit ihrer neuesten Stellungnahme bei kath.ch belegt Karin Iten einmal mehr, dass sie eine fatale Fehlbesetzung ist.

Man hätte es wissen können

Tragisch an der ganzen Angelegenheit ist der Umstand, dass die Verantwortlichen des Bistums Chur das schon vor ihrer Anstellung hätten wissen können oder sogar gewusst haben. Karin Iten hat im Jahr 2018, damals noch als Geschäftsführerin der Fachstelle Limita, einen Leitartikel verfasst. Dabei geht es um die Prävention bei sexualisierten Übergriffen unter Kindern und Jugendlichen. Schon der erste Satz des 16-seitigen Papiers macht stutzig: «Es gehört zur zentralen Entwicklungsaufgabe von Kindern und Jugendlichen, erste Lernerfahrungen rund um Sexualität unter Gleichaltrigen zu machen und dabei Grenzen auszuloten – und diese manchmal auch unbeabsichtigt zu überschreiten.» Auch das unbeabsichtigte Überschreiten der Grenzen ist verletzend und kann einen Missbrauch unter Kindern und Jugendlichen bedeuten. Doch das Aufzeigen von Grenzen, eine unverzichtbare Aufgabe der Eltern und Pädagogen, scheint Karin Iten im Bezug auf Kinder und Jugendliche eher ein Dorn im Auge zu sein. Wörtlich schreibt sie in ihrem Leitartikel: «Nicht altersgerecht für Kinder unter 12 Jahren sind Handlungen aus der Erwachsenensexualität (z. B. Zungenküsse, Geschlechtsverkehr). Diese führen bei betroffenen Kindern zu Überforderung, Ohnmacht, Scham- und Schuldgefühlen und müssen von den Erwachsenen im institutionellen Kontext unterbunden werden.» Und was ist denn mit Kindern über 12 Jahren? Jedenfalls steht diese Auffassung der Präventionsbeauftragten des Bistums Chur in völligem Gegensatz zu einschlägigen Stellen im Katechismus der Katholischen Kirche und öffnet ein Minenfeld für alle, denen die kirchliche Jugendarbeit anvertraut wurde. Diese haben auch eine Verantwortung gegenüber den Eltern.

«Es gehört zur zentralen Entwicklungsaufgabe von Kindern und Jugendlichen, erste Lernerfahrungen rund um Sexualität unter Gleichaltrigen zu machen und dabei Grenzen auszuloten – und diese manchmal auch unbeabsichtigt zu überschreiten.» Karin Iten

In welchem Kontrast die von Karin Iten vertretene Sexualpädagogik zur Lehre der Kirche steht, wird deutlich, wann man in Nr. 281 des Dokumentes Amoris Laetitia von Papst Franziskus nachliest: «Die Sexualerziehung bietet Information, jedoch ohne zu vergessen, dass die Kinder und die Jugendlichen nicht die volle Reife erlangt haben. Die Information muss im geeigneten Moment kommen und in einer Weise, die der Phase ihres Lebens angepasst ist. Es ist nicht dienlich, sie mit Daten zu übersättigen, ohne die Entwicklung eines kritischen Empfindens zu fördern gegenüber einem Überhandnehmen von Vorschlägen, gegenüber der ausser Kontrolle geratenen Pornographie und der Überladung mit Stimulierungen, welche die Geschlechtlichkeit verkrüppeln lassen können.»
Fazit: Die für ihre Anstellung Verantwortlichen des Bistums Chur haben, man kann es kaum anders sagen, den Bock*in zum Gärtner gemacht.

Hier der Verhaltenskodex des Bistums Chur mit markierten kritisierten Textpassagen:
Verhaltenskodex vom 5. April 2022 markiert (11MB)

 

Anmerkung der Redaktion

Die Redaktion von swiss-cath.ch hat das Bistum Chur um eine Stellungnahme zu den Äusserungen ihrer Präventionsbeauftragten Karin Iten gebeten. Insbesondere da Medien wie z. B. «20 Minuten» die Aussagen von Frau Iten mit einer offiziellen Aussage des Bistums Chur gleichstellten.

Wir erhielten folgende Medienmitteilung:
 

Medienmitteilung des Bistums Chur

Stellungnahme zu den Ausführungen zu Pornografie
Chur, 28. Oktober 2022

In einem Gespräch mit Seminaristen und Priestern, die in Rom studieren, hat Papst Franziskus zahlreiche Themen angesprochen. Auf die Frage, wie die heutige Generation von Priestern und Seminaristen in die Welt der digitalen und sozialen Medien eintauchen könne, um dieses Hilfsmittel zu nützen, ohne die eigene Identität zu vergessen, kam er auf digitale Pornografie zu sprechen. Er wies darauf hin, dass die Fortschritte der Wissenschaft grossen Nutzen bringen, aber auch Gefahren bergen.
Weiters warnt er vor den Auswirkungen des Konsums pornografischer Inhalte. Bischof Joseph Maria Bonnemain ist für dieses Statement des Papstes dankbar und unterstützt ihn im Engagement für einen sorgfältigen Umgang mit der Sexualität. Pornografie könne ein hohes Suchtpotential entfalten, vor allem junge Menschen sind besonders gefährdet.

Karin Iten plädiert in ihrer Stellungnahme für eine Differenzierung.  Bischof Joseph Maria unterstützt sie in den Punkten: Verbrechen wie Kinderpornografie sind nicht zu dulden. Er verurteilt ebenfalls jeglichen Machtmissbrauch, jeden Missbrauch durch Ausnützung und Not und distanziert sich deutlich von der Darstellung eines Menschen als Objekt. Er möchte darüber hinaus betonen, dass der Konsum pornografischer Darstellungen das hohe Gut der menschlichen Sexualität von der persönlichen Beziehung, der vertrauten Zuneigung und der innigen Liebe zweier Menschen trennt.
Pornosüchtige sollten, wie alle von Leid bringender Sucht Betroffene, professionell unterstützt werden.  Bischof Joseph Maria ermutigt alle, die Hilfe benötigen, sich diese zu holen. Es seien bereits zu viele Existenzen daran zugrunde gegangen.

Nicole Büchel, Kommunikationsverantwortliche Bistum Chur

 

Die Redaktion von swiss-cath.ch stellt fest, dass in der Medienmitteilung nicht auf die gestellte Frage nach der Gleichsetzung von Frau Iten mit dem «Bistum Chur» eingegangen wird.

 


Makoto Weinknecht

Name der Redaktion bekannt


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    martino mantovani 29.10.2022 um 11:16

    Treue, Gerechtigkeit, Klarheit, Ehrlichkeit und Freude+Liebe zum kirchlichen Dienst soll herrschen!

  • user
    Claudio 29.10.2022 um 05:35

    Betreffend Verhaltenskodex hatte ich direkt dem Hl Vater geschrieben und vom Staatssekretariat die Antwort bekommen, man "habe meine Ausführungen aufmerksam zur Kenntnis genommen". Mit Frau Iten hatte ich diesbezüglich auch schon Gespräche, sie hält aber an ihren irrigen Auffassungen fest. Dass vom Bistum Chur, das leider kein Fels mehr in der Brandung ist, nichts anderes kommt ist klar. Leider unterstützt ja der Bischof auch diesen Verhaltenskodex wie auch den synodalen Irrweg. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, rechtgläubige Bischöfe sind schwer zu finden in unserem Land. Kyrie Eleison.

  • user
    Phil Landolt 28.10.2022 um 23:38
    das sind aus katholischer Sicht wirklich unmögliche Aussagen. Auf dieser Ideologie wurde wohl auch der Verhaltenskodex erstellt welcher zurecht von vielen katholischen Priestern abgelehnt wird. Frau Iten ist nicht katholisch sondern evangelisch und so sieht sie sich in ihren Aussagen auch nicht an den katholischen Katechismus gebunden. Von Bischof Bonnemain erwarte ich die längst fällige Reaktion.
  • user
    Martin Meier-Schnüriger 28.10.2022 um 19:08
    Eine sibyllinische und für Bischof Bonnemain ganz typische Antwort: Er weiss zwar sehr wohl, wie die Sache aus katholischer Sicht zu beurteilen ist, aber er will alles vermeiden, was Frau Iten disqualifizieren könnte. Natürlich ist es zu begrüssen, wenn ein Arbeitgeber zu seinen Angestellten steht, aber wenn sie offensichtlich gravierende Fehler begehen, darf er diese nicht schönreden. Hoffen wir, dass der Bischof wenigstens hinter den Kulissen mit seiner Präventionsbeauftragten Klartext spricht!