© Weltgebetstag der Frauen - Deutsches Komitee e. V

Weltkirche

Welt­ge­bets­tag der Frauen in der Kritik

Chris­tin­nen aus Paläs­tina haben den Welt­ge­bets­tag der Frauen am 1. März 2024 vor­be­rei­tet – lange vor dem Ter­ror­an­griff der Hamas auf Israel. Seit­her wird ihnen Anti­se­mi­tis­mus vorgeworfen.

Streit um den Weltgebetstag der Frauen (WGT) gab es schon öfter. «Aber dass es so eskaliert, habe ich noch nie erlebt», sagt die Vorstandsvorsitzende des deutschen WGT-Komitees, Ulrike Göken-Huismann. Manche E-Mails, auch aus der eigenen Bewegung, hätten sie fassungslos gemacht. Die Debatte sei «total polarisiert». Der Vorstand stehe nun vor der Aufgabe, das «Schiff durch schwere See» zu steuern, sagt die katholische Theologin.

Der Weltgebetstag der Frauen ist eine globale christliche Basisbewegung – und das seit fast 100 Jahren. In 150 Ländern findet an jedem ersten Freitag im März ein ökumenischer Gottesdienst statt. Die Vorlagen und weiteres Vorbereitungsmaterial werden immer von einem anderen nationalen Komitee erarbeitet. Wer an die Reihe kommt, wird schon Jahre im Voraus festgelegt. Diesmal waren es die Palästinenserinnen.

«Informiert beten und betend handeln», lautet der Anspruch. So hat es Göken-Huismann im September in Berlin bei der Vorstellung des Programms für 2024 erklärt. Zum Pressetermin waren Gäste von weither angereist, zum Beispiel Sally Azar. Die erste ordinierte lutherische Pastorin im Nahen Osten warnte ausdrücklich davor, Antisemitismus mit der Lage in Palästina zu verbinden. «Wir beten für die Menschenrechte», sagte sie. Aber das war 16 Tage vor der Terror-Attacke der Hamas auf Israel. Seither befindet sich auch der Weltgebetstag buchstäblich im Kreuzfeuer.

Die bisher schärfste Kritik von aussen kommt aus den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Deren Zentrale, der Deutsche Koordinierungsrat (DKR), veröffentlichte Ende Oktober eine Stellungnahme mit schwerwiegenden Bedenken. In Teilen des aktuellen WGT-Materials stecke «christlicher Antisemitismus schlimmster Art».

Das beginne damit, dass Palästina als «Wiege des Christentums» beschrieben werde, ohne zu erwähnen, dass Jesus Jude gewesen sei. «Das finde ich schon ziemlich harten Tobak», sagte DKR-Vorstandsmitglied Pfarrer Peter Noss in Frankfurt.

Unterschlagen werde auch, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerung Israels palästinensisch seien. Die Künstlerin des zentralen WGT-Plakats, Halima Aziz, habe sich mit dem Terror der Hamas solidarisiert. Das belastete Material müsse zurückgezogen werden, der Weltgebetstag dürfe so nicht stattfinden, so die Position des DKR.

Göken-Huismann, im Hauptberuf Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Vorwürfe sehr ernst nimmt. Der Plakatverkauf wurde bereits gestoppt, auch ein kritisiertes Ausmalbild für Kinder aus dem Verkehr gezogen. «Das Existenzrecht Israels ist völlig unbestritten, deshalb sind Vorwürfe gegenüber dem Weltgebetstag, antisemitisch oder antiisraelisch zu sein, ebenso unberechtigt wie unhaltbar», betont Göken-Huismann auf der Internetseite der deutschen Weltgebetstagsfrauen.

Nach einer langen Komitee-Sitzung fiel am Abend des 9. November der Beschluss: Die in Palästina vorbereitete Gottesdienst-Ordnung wird in Deutschland nicht mehr weiter an die Gemeinden verbreitet. Göken-Huismann spricht von «einer der schwersten Entscheidungen ihres Lebens».

Denn zu den WGT-Markenzeichen gehört, dass der einmal geplante Gottesdienst überall auf der Welt in derselben Form gefeiert wird. «Treue zur Ordnung» nennen sie das. Ziel müsse nun sein, so viel wie möglich davon zu retten, sagt die Theologin. Allerdings müssten Lieder und auch Fürbitten überprüft werden, auch die Erfahrungsberichte von drei Palästinenserinnen bräuchten eine aktuelle Einbettung. Bis zur Jahreswende soll eine überarbeitete Gottesdienstordnung vorliegen. Stilles Gebet, wenig Gesang und keine kulinarischen Köstlichkeiten danach wie sonst – solche Vorschläge kommen aus den Reihen der beteiligten Frauen.

Was laut Vorstand nicht infrage steht: dass sich Frauen verschiedener christlicher Konfessionen am 1. März 2024 zu Gebet, Trauer und Klage versammeln. Und dass sie dabei den Glaubensschwestern aus Palästina Gehör verschaffen wollen.

Christinnen und Christen sind im Heiligen Land zu einer kleinen Minderheit geworden, die von allen Seiten unter Druck steht. In den Palästinensergebieten und in Israel sind es vielleicht noch 50 000, nicht mehr als ein Prozent der Bevölkerung.

«Wir brauchen behutsame Stimmen in diesem Konflikt», sagt die evangelische Vorstandskollegin Brunhilde Raiser. In der Weltgebetstagsordnung fänden sich «kleine Pflänzchen, wie mit erlebten Verletzungen umgegangen werden kann». Die palästinensische Bevölkerung sei von Traumata gekennzeichnet, durch den Krieg würden ihre Leiden potenziert.

Reaktion der Verantwortlichen in der Schweiz
Die Verantwortlichen des WGT in der Schweiz reagierten bereits am 10. Oktober und schrieben: «Wir sind erschüttert über den Terror der Hamas und entsetzt über die Brutalität und Gewalt, welche in den vergangenen Tagen im Nahen Osten eskaliert sind. Geschockt, gelähmt und mit grosser Sorge versuchen wir nicht wegzuschauen und verbunden zu bleiben mit der leidenden Zivilbevölkerung, unseren Projektpartner:innen und den Weltgebetstagsgruppen.»

Am 1. November wiesen die Verantwortlichen auf den Aufruf zum Waffenstillstand des internationalen Weltgebetstag WDPIC und auf die Erklärung des palästinensischen Komitees hin und schrieben weiter: «Diese spezielle Situation fordert uns alle auf, achtsam miteinander und auch mit Texten und Veranstaltungen umzugehen. Wir sind in regem Austausch mit den Weltgebetstagskomitees aus Deutschland und Österreich.» Sie erinnern daran, dass Pressetexte mit grosser Vorsicht zu formulieren seien, da es «zurzeit im Zusammenhang mit dem Nahen Osten konfliktgeladene Ausdrucksweisen» gäbe, die verhindert werden sollten. Die Frage, ob es auch in der Schweiz zu Änderungen in der Liturgie kommen wird, lassen sie noch offen. «Im Moment stützen und unterstützen wir uns gegenseitig im gemeinsamen Gebet für den ganzen Nahen Osten, für alle Menschen, die unter der eskalierten Situation leiden. Denn jetzt erst recht tun wir das, was unsere Organisation im Namen trägt: Wir beten für die ganze Welt – nicht nur an einem Tag, sondern an allen Tagen […] Wir wollen nicht in Lähmung erstarren, sondern das Thema des nächsten Weltgebetstages umsetzen: ‹… durch das Band des Friedens›!»


KNA/Redaktion


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Bemerkungen :

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    Klaus Dick 20.11.2023 um 23:48
    Sehr geehrte Verantwortliche,
    ich hätte gerne den ursprünglichen Text, um mir eine Meinung bilden zu können.
    Mt freundlichen Grüßen,
    Klaus Dick
    • user
      Redakaktion 21.11.2023 um 06:52
      Sehr geehrter Herr Dick
      Es handelt sich hier um eine Agenturmeldung. Informationen zum ursprünglichen Text müssten Sie über die Veranwortlichen des Weltgebetstages anfragen. Die Webseite der Schweiz finden Sie unter https://wgt.ch/ jene von Deutschland unter https://weltgebetstag.de/