How to Draw a church. (Bild: wikiHow, CC BY-NC-SA 3.0 Deed)

Kirche Schweiz

Syn­oda­li­tät oder die Erfin­dung einer neuen Kirche

Am ver­gan­ge­nen Diens­tag traf sich Kar­di­nal Mario Grech, Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­syn­ode, in Bern mit einem hand­ver­le­se­nen Publi­kum. Die Mei­nun­gen dar­über, was Syn­oda­li­tät bewir­ken soll, gin­gen weit auseinander.

Kardinal Mario Grech besuchte vom 18. bis 20. März die Schweiz. Es handle sich um eine informelle Einladung durch Bischof Felix Gmür, Helena Jeppesen, Tatjana Disteli und Claire Jonard, wie das Berner «pfarrblatt» schreibt; die zuvor genannten sind am weltweiten sogenannten «Synodalen Prozess» beteiligt.

Am Dienstagnachmittag, 19. März, waren Vertreter verschiedener Gremien eingeladen, die «auf nationaler Ebene in den Synodalen Prozess involviert sind». Verwirrend ist die Aussage im «pfarrblatt», wonach die Vertreter von der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) eingeladen worden seien, denn unter den Geladenen wird auch die SBK aufgeführt – hat sich ergo gleich selbst eingeladen.
Doch wer ist nun gemäss den Einladenden in den Synodalen Prozess in der Schweiz involviert? Es sind dies die Römisch-Katholische Zentralkonferenz, die Pastoralkommission und der Frauenrat der SBK, die Arbeitsgruppen zu Synodalität der verschiedenen Bistümer, Ordensleute (namentlich genannt wird hier Priorin Irene Gassmann) sowie kirchliche Medien unter Ausschluss von «swiss-cath.ch» ... Diese Aufzählung macht deutlich, dass das Treffen eine klare Agenda verfolgte, wurden doch all jene davon ausgeschlossen, welche die Art und Weise, wie in der Schweiz der sogenannte Synodale Prozess aufgegleist wurde, kritisch gegenüber stehen.

Zunächst wurde der Gast aus Rom darüber aufgeklärt, «wie das duale System in der Katholischen Kirche Schweiz funktioniert, was der Synodale Prozess von direkter Demokratie lernen kann und warum die Gleichberechtigung von Frauen drängt». In diesem Zusammenhang überboten sich die Bischöfe Felix Gmür und Markus Büchel in peinlichen pro domo-Lobhudeleien. So erklärte Bischof Felix Gmür: «Die Schweizerinnen und Schweizer sind die Meister der synodalen Entscheidung. Bei uns werden die Entscheidungen auf den untersten Ebenen getroffen.» Und Bischof Markus Büchel soll gar das Phantom einer «supersynodalen Schweizer Kirche» beschworen haben. Wer sich an die Ergebnisse der Umfrage zum Synodalen Prozess erinnert, reibt sich erstaunt die Augen. Eine Beteiligung von gerade einmal 0,5 Prozent der Katholikinnen und Katholiken zeichnet die Kirche Schweiz als «supersynodal» aus? Oder die entlarvende Aussage von Bischof Joseph Maria Bonnemain: «Wollten wir die Gläubigen [am Synodalen Prozess im Bistum Chur] beteiligen, wären wir wieder am Anfang. Das will ich nicht. Ich will vorwärtsmachen.»

Kardinal Grech erklärte vor den rund 70 Geladenen, dass die Kirche von ihrer Verfassung her synodal und hierarchisch ist und sie nur «funktioniert», wenn die Verantwortlichen auf den Heiligen Geist hören, der im Volk Gottes präsent ist. Auf der Pfarreiebenen beraten Pfarreiräte den Pfarrer, auf der Diözesanebene übernimmt der Bischofsrat diese Aufgabe. «Aber dann gibt es Themen, welche die Gesamtkirche betreffen. Und wir sind gesegnet, dass wir das petrinische Prinzip mit dem Papst haben, das sicherstellt, dass unsere Erkenntnisse richtig sind.»

Immer wieder kam Kardinal Grech auf die Evangelisation zu sprechen, die ja auch Papst Franziskus ein grosses Anliegen ist. («Evangelisieren bildet die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche»). Der Gast aus Rom stellte klar: «Die Kirche braucht Missionare, Menschen, die sich in der Evangelisierung engagieren, nicht um die Kirche selbst zu loben, sondern weil […] wir das Feuer in unseren Gesellschaften neu entfachen müssen.» Der beste Weg dazu bestehe darin, eine synodale Kirche zu sein. «Dies ist nicht die Zeit des Rechts oder tiefgreifender theologischer Reflexionen.»

Diese zutiefst christliche Fokussierung auf die Evangelisierung stiess bei so manchen Anwesenden auf taube Ohren.

Luc Humbel, Präsident der katholischen Landeskirche Aargau, resümierte im anschliessenden Interview mit «pfarrblatt» apodiktisch: «Evangelisieren können und wollen wir nicht, solange wir nicht glaubwürdig unterwegs sind.» Diese Ansicht teilt Eva-Maria Faber, Professorin für Dogmatik an der Theologischen Hochschule Chur: «Synodalität gleich auf das Evangelisieren zu beziehen, geht mir zu schnell. Hier fehlt mir die Einsicht, dass wir erst einmal an uns selber arbeiten müssen, wenn wir als Kirche glaubwürdig sein wollen, etwa beim Thema Missbrauch, beim Umgang mit Frauen etc.»
Bischof Felix Gmür zeigte sich angesichts der Evangelisierung leicht überfordert: «Jenseits aller Einzelentscheidungen, die sehr wichtig sind, ist das ein Grundanliegen: Es geht nicht um uns, sondern um das Evangelium. Gleichzeitig weiss ich, dass das etwas abstrakt und nicht sehr konkret ist.»
Moritz Bauer, Präses von «Jubla Schweiz» verstieg sich zur Behauptung, Evangelisation und Mission seien «theologisch gefährliche (sic) Triggerbegriffe», die er «so nicht benutzen würde». «Den Grundgedanken teilen wir, aber es ist ein charismatisches Denken.»

Zusammengefasst: Das elitäre Gehabe dieser Ausserwählten ist so ziemlich das pure Gegenteil dessen, was mit dem Begriff «Synodalität» gemeint ist. Dieser Begriff bedeutet, gemeinsam auf dem Weg zum grossen Ziel unterwegs zu sein: dem Reich Gottes. Und er bedeutet insbesondere nicht, glaubenstreue Katholikinnen und Katholiken von diesem Weg auszuschliessen und sich dann auch noch gegenüber «Rom» als Kirchenbasis aufzuspielen. Davon sind eben diese Auserwählten meilenweit entfernt. Ihnen zufolge soll die «Kirche Schweiz» zuerst nach ihrem Gusto umgekrempelt werden, bevor – wenn überhaupt – das Werk der von Papst Franziskus so eindringlich geforderten Evangelisierung angegangen werden soll. Da können wir von Glück reden, haben die Apostel und ersten Jüngerinnen und Jünger den Missionsauftrag Jesu Christi ohne Zaudern umgesetzt und nicht erst pseudo-synodal hinterfragt und zerredet, sonst gäbe es heute keine Kirche.

Offensichtlich dachte Kardinal Mario Grech ähnlich. Er habe an diesem Nachmittag viel von Strukturen, aber wenig über Spiritualität gehört.


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Bemerkungen :

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    Martin Meier-Schnüriger 23.03.2024 um 10:45
    Kardinal Mario Grech gilt nicht gerade als konservativer Hardliner. Wenn sogar er über das synodale Gehabe in der Schweiz nur den Kopf schütteln kann, sagt das einiges darüber, wie weit wir, d.h. eine grosse Anzahl unserer kirchlichen Repräsentanten, sich vom katholischen Glauben und der Lehre der Kirche verabschiedet haben. Wer etwa "Mission" und "Evangelisation" als "gefährliche Triggerbegriffe" (Neusprech lässt grüssen!) bezeichnet, sollte vielleicht wieder einmal die Evangelien zur Hand nehmen und dort Sätze lesen wie "Geht zu allen Völkern der Erde und macht sie zu meinen Jüngern."
  • user
    Stefan Fleischer 23.03.2024 um 05:38
    Heute Nacht ist mir eine ale Volksweisheit in den Sionn gekommen:

    «Jedes Ding an seinem Ort erspart viel Müh' und böse Wort!»

    Was hat uns der synodale Weg bis jetzt gebracht? Ich sehe zu mindest bei uns hier viel Streit und böse Wort. Ich sehe auch viele Mühe, die sich so manche Würdenträger und engagierte Katholiken machen und will nicht bestreiten, dass vieles davon in guter Absicht geschieht. Doch gut gemeint ist noch lange nicht immer gut. Von einer neuen Blüte unserer Kirche finde ich nicht viel bis gar nichts. Die Menschen laufen ihr scharenweise davon. Die Spiritualität schmilzt dahin wie Schnee an der Sonne. Und übrig bleibt ein hoffnungslos zerstrittener Verein, der ums Überleben kämpft, auch wenn er es nicht zugeben will.
  • user
    Yvonne Reichlin 22.03.2024 um 21:25

    Dass das Wort "Synodalität" für kirchenpolitische Zwecke missbraucht wird, habe ich an der Synodalen Versammlung im Bistum Basel erfahren (vgl. meinen Erfahrungsbericht auf https://mariaeinspunktnull.de/blog.

  • user
    Stefan Fleischer 22.03.2024 um 20:20
    Wo Synodalität zum Machtkampf wird,
    wird sie satanisch..
  • Dominik Thali 22.03.2024 um 18:34
    a) Von dem Anlass konnte man wissen, wenn man auf dem Medienverteiler der Bischofskonferenz ist.
    b) «Auserwählte» gab es demzufolge nicht. Menschen, die in sich in Liebe zur und Sorge um die Kirche äusserten, «elitäres Gehabe» vorzuhalten, verletzt dieselben. Ich gestehe diese Liebe und Sorge auch den Macherinnen und Machern von swiss-cath.ch zu, wenngleich ich deren Meinung oft nicht teile. Synodal ist, einander zuzuhören. Wahrzunehmen, und nicht umgehend zu werten. Es gibt viele Sichtweisen und ebenso viele Wahrheiten in der Kirche. Die Kommentare von swiss-cath.ch sind nach meinem Empfinden oft von Abschätzigkeit durchtränkt.
    • user
      Redaktion 22.03.2024 um 20:06
      Sehr geehrter Herr Thali
      Zu a) swiss-cath.ch ist auf dem Medienverteiler der Bischofskonferenz, trotzem erhielten wir darüber keine Informationen.
      Zu b) Wenn zu einer Veranstaltung nur bestimmte Menschen oder Gruppen eingeladen werden, dann sind diese rein sachlich gesehen "auserwählt".
    • user
      Martin Meier-Schnüriger 23.03.2024 um 10:33
      Dominik Thali: "Es gibt viele Sichtweisen und ebenso viele Wahrheiten in der Kirche." Jesus Christus: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." Bei allem Respekt, als Christ halte ich mich an Jesus Christus.
      • Dominik Thali 23.03.2024 um 12:57
        Ich auch, Herr Meier, aber das kann man so oder anders tun.
        • user
          Daniel Ric 23.03.2024 um 19:52
          Natürlich gibt es unterschiedliche Wege zu Gott. Papst Benedikt XVI. hat sogar davon gesprochen, dass es so viele Wege zu Gott wie Menschen gibt. Aber auch wenn es unterschiedliche Wege gibt, so sollte die Kirche als Institution darauf achten, die Grundpfeiler, auf denen die Kirche aufgebaut ist, nicht niederzureissen. Und diese Grundpfeiler sind meines Erachtens die beiden Sakramente, die Jesus selbst am Hohen Donnerstag eingesetzt hat. Das Priestertum und die Eucharistie. Jesus selbst hat aber auch am Hohen Donnerstag geregelt, wie seine Apostel und ihre Nachfolger - Bischöfe und Priester - mit der Macht umgehen sollen. Jeder soll dem Mitmenschen dienen. Wir müssen daher nichts neu erfinden, sondern wieder authentischer das Evangelium leben. Ich bin nicht gegen Gespräche, wie man als Kirche synodaler werden könnte bzw. wie man diesem Anspruch, dass jeder dem Mitmenschen diene, gerechter werden könnte. Es ist klar, dass wir in einer Zeit des Umbruchs sind und die kirchliche Landschaft sich verändert. Es braucht kreative Lösungen, wie man als Kirche das Evangelium leben kann und dadurch auch neue Menschen für den Glauben gewinnt. Dabei darf man weder am rückwärtsgewandten Narrativ einer heilen Welt von früher festhalten noch utopisch von irgendwelchen Reformen das Heil erwarten, die bereits bei der reformierten Kirche gescheitert sind. Mit dem Blick in die Gegenwart müssen wir neue Wege der Verkündigung finden. Man muss dabei jedoch das aushalten, was Jesus den Aposteln und uns allen am Hohen Donnerstag zugemutet hat. ER setzte sie - und es waren nur Männer - zu Priestern ein, ER setzte die Eucharistie ein, ER verlangte von den Aposteln Diener aller zu sein und ER ermutigte sie, Licht und Salz der Welt zu sein, auch wenn die Welt sie hassen wird. Wenn wir uns diesem Geheimnis nähern, können wir synodal sein, da bin ich mir sicher. Ich wünsche allen einen gesegneten Palmsonntag.
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            Meier Pirmin 26.03.2024 um 10:28
            Daniel Ric, es dürfte Ihnen klar sein, dass das Ursakrament natürlich die Taufe ist, wobei die Firmung wohl faktisch und historisch ein Ergänzungssakrament sein dürfte als Folge der brauchtümlichen Kindertaufe, deren kirchengeschichtlich beste Begründungen interessanterweise bei Zwingli nachzulesen sind, in Abwehr des sektiererischen Auftretens der sog. Täufer oder Wiedertäufer. Eigentlich ist auch die sog. Letzte Oelung ein Subsakrament der Taufe, vgl. noch die reformatorischen Debatten um das Oel im Weihwasser bzw. das Öl bei diesem Sakrament, welches Zwingli übrigens als "Salatöl" verspottete.
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    Marquard Imfeld 22.03.2024 um 12:06
    Beten wir, dass die meisten der an diesem Gespräch anwesenden Personen zum vollständigen katholischen Glauben zurückkehren, indem sie die Worte Jesu im Evangelium wieder unverfälscht verkündigen und in der Praxis anwenden. Beten wir, dass die schismatischen Zustände in den Deutschschweizer Bistümern durch unsere Bischöfe wieder aufgehoben werden.
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    Gabriela Ulrich 22.03.2024 um 11:04
    "Wenn der Herr das Haus nicht baut, mühen sich die Bauleute um sonst." Ps. 126,1.
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    Stefan Fleischer 22.03.2024 um 07:55
    Der Missionsauftrag Jesu Christi ist klar und deutlich in der Schrift umschrieben:
    "Mt 28,19-20
    Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."
    NICHT MEHR UND NICHT WENIGER !!!